Vor 75 Jahren überfiel am 22. Juni 1941 Nazideutschland die Sowjetunion. Damit wurde der im September 1939 mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen begonnene 2. Weltkrieg zu einem Völker- und Massenmord ausgeweitet, wie ihn die Welt bis dahin noch nicht kannte.
Getragen wurde dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit von einer beispiellosen nationalistischen und rassistischen Ideologie und Russophobie, die einen großen Teil nicht nur unseres Volkes unbegreiflich massenpsychologisch beeinflusste. Mit Erschrecken muss wahrgenommen werden, dass diese Art von Erzfeindschaft des Westens erneut ungeheuerliche Blüten treibt.
In Vergessenheit könnte geraten, dass das alles schon 5 Jahre früher vor 8o Jahren begann.
Im Februar 1936 eröffneten Wahlsieg und damit eingeleitete soziale Veränderungen der Volksfrontregierung dem spanischen Volk den Weg in eine demokratische Entwicklung. Das stiess auf die erbitterte Gegenwehr der spanischen und internationalen Reaktion. Am 17. Juli 1936 putschten faschistische Generäle unter Franco gegen die rechtmäßige spanische Regierung. Der „Westen“ propagierte „Nichteinmischungspolitik“. Als der Putsch am entschlosse- nen Widerstand des spanischen Volkes zu scheitern drohte, unterstützten die faschistischen Regierungen Deutschlands und Italiens ihn mit Truppen und Waffen. Der spanische Bürgerkrieg wurde so zum Testfeld für die vorwiegend heinkelsche(!) Waffentechnik und die Einsatzprinzipien vor allem der deutschen Faschisten – sozusagen die Generalprobe für den künftigen Völkermord. Während im Sommer 1936 in Berlin offiziell der Friedenssymbolik der olympischen Idee gehuldigt wurde, begann sozusagen in Sichtweite des olympischen Dorfes mit der Vorbereitung des Einsatzes der „Legion Condor“ das Training für den „großen Krieg“. Sind da angesichts der olympischen Spiele 2016 in Rio Rückerinnerungen so unverständlich ?
Im Oktober 1936 genehmigte die Regierung der spanischen Republik die Aufstellung internationaler Brigaden. Mehrere Tausend Antifaschisten aus vielen Ländern waren dem Aufruf zur Unterstützung der spanischen Republik gefolgt, über 4000 allein aus Deutschland, darunter auch Überlebende des Einsatzes aus Rostock bzw. die später hier wirkten und auch begraben wurden. Zu ihnen gehören:
Harry Hadlich (25.07.1904 – März 1991), Mitglied 2. Bataillon Hans-Beimler-Brigade.
Willy Jagow (14.04.1904 – 23.04.1991)
Paul Ludwig (05.10.1910 – 02.10.1992)
Karl Mewis (22.11.1907 – 03.01.1987), Leitungsmitglied d. internat. Brigaden
Juan Morales (14.05.1914 – ? )
Albert Riebeling (14.05.1911 – 08.03.1972)
Helmut Sebastian (13.05.1914 – 12.02.2002)
Hermann Schuldt (23.06.1896 – 30.01.1980), Kdr. d. 2. Bataillons Hans –Beimler –Brigade.
Aber auch an Artur Becker (12.05.1905 – 16.05.1938), Kommissar im Thälmann-Bataillon und Hans Beimler (02.07.1895 – 01.12. 1936),Kommissar der XI. Brigade wird in Rostock gedacht.
Sie fielen in Spanien den Faschisten zum Opfer. Die Artur-Becker-Str. in Reutershagen und der Gedenkstein für Hans Beimler im Seehafen erinnern an sie. Helmut Sebastian erhielt als einzigster damals noch in Rostock lebender Spanienkämpfer zum 60. Jahrestag des spanischen Bürgerkrieges aus der Hand des spanischen Königs die spanische Ehrenstaatsbürger- schaft. Die damit verbundene Originalgrafik des spanischen Künstlers Rafael Alberti schenkte er der Basisorganisation VVN-BdA Rostock und hängt heute im Flur des KV Rostock PdL.
In seinem Lied über Hans Beimler sang Ernst Busch:
„Eine Kugel kam geflogen – aus der Heimat kam sie her. Der Lauf war gut gezogen … ein deutsches Schießgewehr!“
Heute ist Deutschland drittgrößter Waffenexporteur in der Welt – noch ein aktueller Bezug zum Gedenktag.
Und gleich noch einer: Am 11. Juni 2016 lud das Marinekommando Hohe Düne zu einem „Volksfest“ zum Tag der Bundeswehr ein. Eine kleine Gruppe vom Rostocker Friedensbündnis rief u.a.mit einem Transparent „Frieden schaffen ohne Waffen“ die Besucher dieses „Festes“ vor dem Tor der Dienststelle zum Nachdenken auf. Einer der dort Beschäftigten bemerkte im Vorbeigehen, dass ihm kein Beispiel bekannt sei, wo in der Welt Frieden ohne Waffen geschaffen worden wäre. Aus seiner Sicht hat der Mann sicher nicht ganz unrecht. Er hat nur in der Eile wohl zwei Gesichtspunkte übersehen:
1. propagiert er damit die alte Losung des Preußen Clausewitz, für den der Krieg nur die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln war und
2. dass es wohl immer auch darauf ankommt, in welche Hände Waffen kommen und für welche Politik und wessen Interessen sie eingesetzt werden.
Im übrigen kann man durchaus zur Auffassung gelangen, dass die heutige Politik bloss die Fortsetzung des (kalten) Krieges mit anderen Mitteln ist.
„Wehret den Anfängen“ forderten schon „die alten Römer“ – möglichst, bevor wir schon wieder „mitten drin“ sind.
Jürgen Weise, ( geschrieben am 19.06.2016 für das Monatsmagazin „Klartext“ PdL Rostock Juli 2016