Die Veranstaltungen zum Gedenken an den 20. Jahrestag das rassistischen Pogroms in Rostock-Lichtenhagen waren ein großer Erfolg, der Mut macht, weiter gegen Rassismus in Deutschland zu kämpfen.
Bereits am Vormittag des 25. August fanden sich auf dem Rostocker Neuen Markt 2.000 TeilnehmerInnen zur Kundgebung „Das Problem heißt Rassismus“ ein. Vertreter antirassistischer Initiativen wiesen darauf hin, dass das Pogrom bis heute auch für eine unglaubliche Ignoranz politischer Verantwortungsträger gegenüber den Betroffenen steht. Ein in MV lebender Flüchtling berichtete wie sehr ihn die bestehende Asylgesetzgebung daran hindert, ein normales Leben zu führen, was wiederum bereits vorhandene Vorurteile verstärkt.
Unter großem Beifall konnten Cornelia Kerth und Heinrich Fink, Bundesvorsitzende der VVN-BdA, am Rathaus mit Billigung des Oberbürgermeisters eine Gedenktafel anbringen. Damit wurde den ursprünglichen Initiatoren der Tafel, den „Söhnen und Töchtern der deportierten Juden Frankreichs“ historische Gerechtigkeit getan, die beim Versuch des Anbringens im Oktober 1992 verhaftet worden waren. Ein Grußwort ihrer Sprecherin Beate Klarsfeld wurde verlesen. Darin griff sie die aggressive und angesichts der Untätigkeit gegenüber dem rassistischen Mob umso empörendere Behandlung Seitens der Polizei scharf an.
Von Lütten-Klein aus setzte sich am Nachmittag ein starker und bunter Demonstrationszug mit etwa 6.500 TeilnehmerInnen in Bewegung. Auf zahlreichen Transparenten wurden Rassismus und Nationalismus kritisiert und „Grenzenlose Solidarität“ gefordert. Mit vielen Redebeiträgen auf Zwischenkundgebungen erreichte die Demo das Sonnenblumenhaus. So erinnerte Mouctar Bah von der „Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh“ an den Feuertod des in Polizeigewahrsam in Dessau umgekommenen Flüchtlings.
Zur Demonstration hatten mehr als 100 Antifa-Gruppen, Flüchtlingsräte, migrantische Gruppen, GewerkschafterInnen, Jugendgruppen, Bands, linke Gruppen, dänische Antifaschisten und einzelne Parteivertreter aufgerufen. Am historischen Ort wurde u.a. das Stück „Asylmonologe“ aufgeführt, das sich in beeindruckender Authentizität mit der Lebenssituation von Asylbewerbern beschäftigt.
Es folgte abschließend ein Konzert unter dem Motto „Beweg dich für Bewegungsfreiheit“ mit 1.000 Zuhörenden und Tanzenden.
Am Sonntag, dem 26. August, trafen sich Flüchtlingsräte, Vertreter von Flüchtlingsinitiativen und Mitglieder der VVN-BdA zu einem World-Café und tauschten sich intensiv darüber aus, wie Solidarität praktisch werden kann.
Dass Bundespräsident Gauck am Sonntag auf einer offiziellen Veranstaltung nicht nur ausgerechnet eine „deutsche Eiche“ als Erinnerungsbaum an das rassistische Pogrom pflanzte und Kritiker im Publikum, die ihm „Heuchelei“ vorwarfen, mit Neonazis in einen Topf warf, verwundert nicht. Gauck hatte sich 1992 mit keinem Wort gegen das Pogrom geäußert.
Die VVN-BdA bedankt sich herzlich bei allen BündnispartnerInnen aus Rostock, Mecklenburg-Vorpommern und dem Bundesgebiet und natürlich bei allen ihren Mitgliedern, die den teilweise sehr weiten Weg auf sich genommen haben.
Fotostrecke: (Fotos Ida Schillen)